Vom Leben her die Arbeit denken
Man kann die Arbeit verstehen als eine Polarität: Arbeit kann erschöpfen und aussaugen, aber sie kann auch das Gegenteil sein, etwas das Kraft gibt, das uns hinein ins Leben zieht, etwas das uns Sinn gibt. Wenn es um Arbeit geht und wenn wir über Nachhaltigkeit in der Gesellschaft reden, sollte uns die Frage nach der Macht interessieren. Die Macht die Freiheit gibt, aber auch die Macht eines besseren Arbeits-Konzeptes ist Gegenstand dieser Web-Seite.
Für Frithjof Bergmann ist die Lohnarbeit ein Relikt aus vergangenen Zeiten. Möglicherweise dient es als Instrument der politischen und sozialen Machtausübung und treibt die Spaltung der Gesellschaft voran. Der Begriff des Pathologischen stammt aus der Annahme, dass das Lohnarbeitssystem mit einer erschreckenden Vielzahl von Symptomen und Krankheiten verknüpft ist:
Die Lohnarbeit schwächt die Menschen, lähmt sie und nimmt ihnen die Lebensenergie (Unterforderung). Zudem verstärkt sie die wirtschaftliche und soziale Ungerechtigkeit.
New Work New Culture beschäftigt sich mit Fragen der mentalen Veränderung gegenüber Arbeit und den Räumen die es für diese Transformation braucht. Wenn wir über so einen Raum nachdenken, in dem Menschen zusammenkommen, um mehr darüber zu lernen was Arbeit sein „kann“ statt was Arbeit sein „muss“. Was wären den die Erfordernisse, die einen solchen Raum attraktiv machen? Mehr Gemeinschaft, wollen wir engere Bindungen zwischen den Menschen, wollen wir mehr Sinn für Zugehörigkeit? Richard Sennett sagt, in der konventionellen Lohn- und Erwerbsarbeit fehlt inzwischen genau dieses Gefühl von Zugehörigkeit. Nur ein Beispiel ist die New Economy. Die Chefs bei IBM wechseln durchschnittlich jedes Jahr. Gewöhnliche Mitarbeiter bleiben durchschnittlich 3,6 Jahre. Wenn jemand an einem größeren Projekt lange und hart arbeitet, hat er exzellente Chancen, dass niemand seine Arbeit anerkennt. Die letzten Jahrzehnte brachten noch eine weitere Destabilisierung der Kleinen Ökonomie und Haushaltsökonomie.
„Die Macht der Lohnarbeit über die Menschen, die Vergeudung menschlicher Fähigkeiten und Kreativität muss so schnell wie möglich beendet werden. Das geht nicht mit kosmetischen Korrekturen am Lohnarbeitssystem, etwa durch ergonomische Arbeitsplätze oder gewerkschaftlich erkämpfte Pausen. Dafür müssen die Grundstrukturen des Systems geändert werden.“
Frithjof Bergmann
Verwandle Deine Sehnsucht in Arbeit
Erfüllung durch Transformation – Über die Krise zum Leben finden
„Es ist nichts so wichtig, wie die Menschen zu beleben, zu energetisieren und zu stärken“.
Mit dem Lohnarbeitssystem passiert aber genau das Gegenteil. Als Instrument der politischen und sozialen Machtausübung, treibt die Lohnarbeit die Spaltung der Gesellschaft voran. Mit ihr ist der Mensch ist in einem Wirtschafts- und Wertesystem gefangen, das zugleich krank ist und krank macht. Bergmann nennt diesen Zustand Pathologie der Lohnarbeit und verknüpft ihn mit einer Vielzahl von Symptomen:
Lohnarbeit schwächt die Menschen, lähmt sie und nimmt ihnen die Lebensenergie. Sie verstärkt die wirtschaftliche und soziale Ungerechtigkeit. Denn während die einen fast völlig ausgelassen werden, leiden die anderen an Überarbeitung und Erschöpfung. Die einen bereichern sich unverhältnismäßig, während die anderen in bitterer Armut leben. Talente werden nicht gefördert, und der Mensch kann sich nicht frei entfalten – im Gegenteil: Die Arbeit gleicht einer milden Krankheit. Aber gerade weil sie einen so großen Teil unseres Lebens ausmacht, wirkt diese Krankheit langfristig deformierend. Wir stumpfen ab, werden entmutigt, gewöhnen uns an Langeweile und Passivität, wir werden unterwürfig und abhängig. Der Mensch wird sprichwörtlich zum Krüppel.
„Wie soll ich leben, wenn ich mein Leben nicht versäumen, sondern es tatsächlich leben will?“
Diese Frage ist der Schlüsselmoment, der Übergang zur Neuen Arbeit – sowie im vertieften Sinn – zu einer Neuen Kultur und einem neuen Leben. Ähnlich wie bei Passageriten (rites de passage) ist die Antwort auf diese Frage aber mit einem komplexen seelischen Prozess verknüpft. Denn durch die deformierende Wirkung des Lohnarbeitssystems ist der Mensch unfähig geworden, Wünsche zu haben – oder im Sprachgebrauch der Neuen Arbeit – „etwas wirklich, wirklich zu wollen“. Er leidet nach Bergmann an einer „Armut der Begierde“.
Ziel der Neuen Arbeit ist es, diesen Mangel zu überkommen und das individuelle menschliche Bedürfnis ins Zentrum zu rücken. Nicht wir sollen der Arbeit dienen, sondern die Arbeit sollte uns dienen und uns Kraft und Energie verleihen, damit wir lebendigere, vollständigere und stärke Menschen werden.
„Die Arbeit, die ich und die du wirklich und wahrhaftig wollen, hilft dir ‚der zu werden, der du bist‘.“
Bergmann legt der Realisierung dieser Idee ein radikal anderes Denk- und Wertesystem zugrunde. Der Mensch muss eine Kehrtwende machen, er muss sich transformieren und die Gesellschaft mit ihm. Statt Arbeit als Zahlungsmittel anzusehen, die den Menschen unterwirft, soll sie zu einem Werkzeug werden, mit dem der einzelne Mensch seine Entwicklung fördert, die sie auf eine höhere Ebene hebt und tiefer ins Leben hineinzieht.
Das 3-Säulen-Modell liefert dafür die Basis. Während die teilweise weiter praktizierte Lohnarbeit und die Gemeinschaftsarbeit mit der High-Tech-Self-Providing den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Rahmen bilden, ist die Berufung, oder die Arbeit, die wir „wirklich, wirklich wollen“ das Hauptziel. Aus ihr werden die neuen Berufe entstehen und die Produkte, die wir wirklich brauchen und die den Planeten nicht zerstören.
Der Weg zur Neuen Arbeit ist fast mit einer spirituellen, ganzheitlichen Wandlung zu vergleichen: Für das Individuum ist er so allumfassend und umwälzend; er geht an die Substanz und produziert ein neues Ich. Als logische Konsequenz kann an seinem Ende demnach nur eine neu gelebte Kultur stehen.
Das modulare Modell der
Neuen Arbeit nach Bergmann
Lohnarbeit
Viele Menschen brauchen beim Navigieren in Unsicherheit etwas woran sie sich festhalten können. Eine Anstellung im Jobsystem finden nach wie vor die Meisten da sehr attraktiv. Immer mehr Menschen wünschen sich aber eine Veringerung des Anteils der Zeit, die man dafür aufwenden muss. Teilzeitarbeit ist im Vormarsch genauso wie teilweise Entrepreneurship. Das Modell der Neuen Arbeit – Neuen Kultur stellt den Willen, den Sinn, Selbstständigkeit und Kreativität in den Mittelpunkt. Dies gilt für die MitarbeiterInnen genauso wie für den Arbeitsplatz an sich. Die Möglichkeit sich in der Arbeit selbst zu entwickeln und sein Leben nährend mit der Arbeit zu verbinden. Die einst strikten Arbeitsabläufe, die “von oben herab” – Hierarchien rücken immer mehr in den Hintergrund, denn durch den Wandel ist auch eine Veränderung in der Arbeitsstätte nötig. Es entstehen neue Berufe, neu Sozio Techniken bessere Arrangenents des Produzierens. Angestellte werden in Entscheidungsprozesse miteinbezogen, Ideen sind gewünscht. Das New Work-Modell setzt sich vor allem in den Startup-Szene klar durch. Junge und innovative Querdenker, die die Vorteile der Digitalisierung nutzen und das Potential der Angestellten ausschöpfen. Die Unternehmen werden bunter, denn eine Abwechslung an Wissen, Ausbildung, Geschlecht, Sprache und Kultur ist gefragt. Egal woher du kommst und was du bisher getan hast, du kannst einen wertvollen Beitrag leisten und zur Verbesserung beitragen.
Calling. Tue was Du wirklich, wirklich willst
Berufungen/Callings sind Aktivitäten, die die Menschen wirklich, wirklich verfolgen wollen. Sie fühlen sich dabei vollkommen verkörpert, tun diese mit Hingabe, Intensität und Leidenschaft. Oft zeigen sie die eigenen Talente, beleben die eigenen Werte und erfassen das eigene Selbstbild. In ihnen fühlt man sich lebendig und inspiriert. Das Hauptziel der Neuen Arbeit ist es, dass jeder seine Berufung für einen bedeutenden Teil seines Lebens auslebt. Einige Menschen können mehrere Berufungen haben, aber eine wird jeder haben – wenn nur die Zeit gebraucht wird, um sie zu entdecken und zu kultivieren.
Das vielleicht wichtigste Element um seiner Berufung zu finden sind Orte und Menschen, die einem dabei unterstützen sein Calling herauszufinden. Für die Umsetzung der Neuen Arbeit in die Praxis brauchen wir Zentren für Neue Arbeit. Auch wenn jedes Zentrum für sich genommen einzigartig ist, kann man sagen, dass es sich hierbei um eine Kombination aus Schule, Besprechungsraum, Kunst- und Medienzentrum sowie Bühne handelt. Ein solches Zentrum kann von Grund auf neu entworfen oder in bestehenden Schulen, Kirchen, Gemeindezentren aber auch in verlassenen Fabriken aufgebaut werden. Sie sind Orte der Begegnung, an denen Menschen die Grundausbildung erhalten, die erforderlich ist, um die eigenen Berufungen zu entdecken. Sie erlernen die vielfältigen Fähigkeiten, die für die High-Tech-Eigenproduktion und für die Small-Shop-Methoden der Gemeinschaftsproduktion erforderlich sind. Räume für HTEP und für die Gemeinschaftsproduktion können an solche Zentren angrenzen.
Eigenarbeit.
High Tech Self Providing
Community Production
Arbeit, die man wirklich, wirklich tun will, ist ohne eine gewisse materielle, physische und ökonomische Unabhängigkeit nicht möglich. Mithilfe von High-Tech können allerdings die meisten Produkte, die für ein attraktives Leben nötig sind, in wenigen Stunden Arbeit pro Woche selbst hergestellt werden. Sie gibt den Menschen damit die Freiheit sich selbst zu erhalten, sodass ihnen die Zeit zur Verfügung steht, ihren Berufungen nachzugehen. Eine Vielzahl solcher Technologien und Produkte wurde bereits entwickelt, z.B. Fabrikatoren, Biogene Techniken, Blockchain und Künstliche Intelligenz.
Gemeinschaftsproduktion
In Gemeinschaftsproduktion werden leicht reparierbare, komplexe, aber langlebige Produkte hergestellt. Für die Community Production brauchen wir mehr und mehr Neue Arbeits Zentren mit Fablabs und Community Räumen für das Herstellen neuer sinnstiftender Produkte, die die Menschen wirklich brauchen. Der Vorteil ist das gegenseitige Unterstützen mit den unterschiedlichen Skills der Individuen im Zentrum und der Austausch von Wissen beim Erlernen neuer Soziotechniken des Herstellens. Diese Prozesse unterstützen die Gemeinschaft und die dabei entstehenden Produkte können auf dem freien Markt verkauft werden, um das für den Einkauf von Roh- und Betriebsstoffen erforderliche Bargeld bereitzustellen.
Arbeit kann einen stärken, einem Kraft geben,
sie kann einen ins Leben hinein ziehen.
Philosophische Begriffe zur Neuen Arbeit erklärt von Frithjof Bergmann
Neue Arbeit Neue Kultur – Das Manifest
New Work ist ein Aufstieg – ein Aufstand – durch intelligenten und fantasievollen Gebrauch einer Flut von überraschend innovativer Technologien, von denen einige sehr einfach sind, andere hingegen den heutigen Computern um Meilen voraus. Diese Technologien haben alle gemein, dass sie klein angelegt auf kleinem Raum angewendet werden können. Sie erfordern keine gigantischen Fabrikhallen mehr, mit langen Reihen riesiger Maschinen, die Schiffsladungen von Kapital erfordern.
Stattdessen können sie in der Nachbarschaft, in einem Dorf oder einem Gemeindezentrum vereint werden.
Kurz, eine Hälfte der neuen Arbeit besteht in der Transformation von der industriellen zur gemeinschaftlichen Produktion auf kleinerem Raum. Das Ergebnis wird nicht nur die Gründung neuer Unternehmen sein, sondern auch die verstärkte Zunahme lokaler Produktion von Lebensmitteln, Wohnungen und Energie, aber auch von Kleidung, Möbeln, bis hin zu Haushaltsgeräten, und darüber hinaus die Schaffung von noch mehr von dem, was für ein angenehmes, modernes und erfülltes Leben benötigt wird,
Die Gründung dieser neuen Wirtschaftsform ist das Fundament, auf dem sich ein neues System der Arbeit und letztendlich eine neue Lebensweise und Kultur herausbilden kann.
Anstatt auf einen immer fragwürdiger werdenden Arbeitsmodus beschränkt zu sein, nämlich der von Arbeitsplätzen, wird eine wachsende Zahl von Menschen etwa 10 Stunden pro Woche in Gemeinschaftsproduktion beschäftigt sein. Weitere 10 Stunden werden sie in einem der neuen Unternehmen arbeiten, die die erwähnten radikal innovativen Technologien nutzen, welche die industriellen Technologien der Vergangenheit ersetzen.
Und an dritter Stelle, werden sie die wirklich Neue Arbeit tun, die die Menschen nicht auslaugt, sondern ihnen Vitalität und Kraft verleiht, sinnvolle Arbeit die den Menschen die Überzeugung von einem wirklich gelebten Leben gibt: Arbeit, die die Menschen als ihre Berufung erfahren
Deshalb sind die Ziele der neuen Arbeit:
1. Die Linderung und letztendliche Ausmerzung der Armut in allen Ländern, in jedem Winkel.
Die Neue Arbeit – Sich in das Leben verlieben
„Arbeit kann etwas Wunderbares sein.“
Zentral für die Neue Arbeit ist eine Umkehrung. Während in der Vergangenheit die zu erledigende Aufgabe das Ziel war und der Mensch das dafür nötige Werkzeug, will die Neue Arbeit diesen Zustand umkehren. Nicht wir sollen der Arbeit dienen, sondern die Arbeit sollte uns dienen und uns Kraft und Energie verleihen, damit wir lebendigere, vollständigere und stärkere Menschen werden.
Frithjof Bergmann legt der Realisierung seiner Idee ein radikal anderes Denk- und Wertesystem zugrunde. Insbesondere das überkommene System der ausmerzenden Lohnarbeit gilt es hier radikal zu dezimieren und stattdessen mit Elementen der Gemeinschaftsarbeit und Selbstversorgung, insbesondere durch den Gebrauch von High-Tech zu ersetzen. Die dadurch gewonnene zeitliche und ökonomische Freiheit wird genutzt, um die Arbeit zu tun, die wir „wirklich, wirklich wollen“.
Das Ziel der Neuen Arbeit ist demnach eine bewusst und ernsthaft gewählte und wirklich gewollte Arbeit, die das individuelle menschliche Bedürfnis ins Zentrum rückt. Sie ermöglicht ein modernes, selbstbestimmtes, friedliches, und erfülltes Leben.
New Work als Arbeitskonzept der Zukunft
Die zentralen Werte des Konzepts der New Work sind die Selbstständigkeit, die Freiheit und die Teilhabe an der Gemeinschaft. New Work soll insofern neue Wege von Freiräumen für Kreativität und der Entfaltung der eigenen Persönlichkeit bieten, um so etwas wirklich Wesentliches und Wichtiges zum Arbeitsmarkt und den Arbeitsstrukturen beizutragen. Bergmann selbst beschreibt das mit den Worten: „Arbeit, die man wirklich, wirklich will!“. Das selbstbestimmte Handeln steht beim Konzept der New Work im Vordergrund, wobei die alten starren Arbeitsmethoden der Vergangenheit angehören. Das bedeutet vor allem, dass Arbeitnehmer nicht mehr an Arbeitszeiten und Arbeitsorte gebunden sind. Durch die Digitalisierung ist es immer mehr Menschen möglich, von verschiedenen Orten der Welt und anderen Zeitzonen aus zu arbeiten. Durch Computer und Internet können Wissensarbeiter ihren Teil zu einem Projekt im Unternehmen, das beispielsweise in Berlin verortet ist, aus einer anderen Stadt wie Sydney oder New York beisteuern. Durch das erhöhte Maß an Eigenständigkeit, das mit einer derartigen Arbeitsweise einhergeht, kann der Arbeiter sich selber organisieren und auf abgesprochene Zielvereinbarungen hinarbeiten.
#FrithjofBergmann: Neue Arbeit wird von allen Dächern gepfiffen, aber es ist nicht die #NeueArbeit, sondern nur eine etwas sympathischer angehauchte Form der Lohnarbeit. Man versucht nicht wirklich, die Neue Arbeit einzuführen. Deutschland braucht ..."https://t.co/GFpgzXAYqS
— Arthur Bendler (@ArthurBendler) September 2, 2019
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